Estland, ausgerechnet Estland!? Nie würde man Estland vermuten, wenn es um hippe, virtuelle und digitale Innovationen geht. Immerhin gehört Estland mit seinen knapp 1,3 Millionen Einwohner zu den kleinsten Ländern der Welt. Aber genau Estland ist das Land, das schon seit 2015 übrigens die eResidency anbietet. Aber für diejenigen mit entsprechendem Hintergrundwissen ist das keine große Überraschung: Das Land im Baltikum zählt schon lange zu den Top-Ländern wenn es um Digitalisierung geht.
eResidency also. Virtueller Wohnsitz. So, so. Aber was ist das überhaupt? Wozu braucht man’s? Und wie bekommt man es?
„Virtueller Wohnsitz“ trifft es eigentlich am besten, wenn man die eResidency aus Estland beschreiben möchte. Es ist keine Staatsbürgerschaft dar und verleiht einem auch nicht die gleichen Rechte, ermöglicht es viele Leistungen Estlands, also des des estnischen Staats, in Anspruch zu nehmen. eResidenten Estlands werden keine Bürger oder Bewohner Estlands und erhalten auch keine Aufenthaltserlaubnis, kein EU-Visa und auch nicht das Recht zu wählen, sie bekommen lediglich eine digitale Identität.
Für eine e-Residency kann man sich online bewerben. Nach einer Bearbeitungszeit von ein paar Wochen, einer Prüfung durch das estnische Grenzschutzamt und gegen eine Gebühr in Höhe von 100 Euro kann eine Karte mit Chip und Lesegerät abgeholt werden – entweder in Estland direkt oder in vielen estnischen Botschaften.
Mit dieser Chip-Karte und dem Lesegerät können eResidenten nun zum Beispiel digitale Signaturen erstellen, Dokumente verschlüsseln und auch das offizielle Portals unter der Domaineesti.ee (be)nutzen. Man kann in Estland Firmen gründen, die Steuererklärung einreichen und auch Bankkonten erstellen, respective eröffnen.
Auch wenn die Frage nach dem „Warum?“ immer noch nicht geklärt ist. Eventuell macht es für den ein oder anderen Sinn. Laut Wikipedia und den dort angeführten Quellen gibt es auch einige bekannte eResidenten wie zum Beispiel Edward Lucas (Journalist bei The Economist) und Shinzō Abe (Ministerpräsident Japans) sowie Papst Franziskus.
Nach ursprünglichem Vorschlag von Taavi Kotka, früherer Mitründer von Skype und der das eResidence-Programm leitet, sollen bis 2025 ganze zehn Millionen e-Residenten Estlands geben. Vor allem Unternehmer sollen Firmen, am besten Internetunternehmen, gründen und somit Steuern in Estland zahlen können, wobei es aber komplizierte Fälle von Doppelbesteuerung geben könnte. Weil immerhin muss oder sollte immer dort versteuert werden, wo auch die Betriebsstätte sich befindet.